Jobsituation

In einem Reisebüro in Airlie Beach hing ein Zettel: „Workers wanted“ Um mehr zu erfahren fragte ich gleich mal nach. Bereits 2 Stunden später konnte ich dann mit meinem ersten Job anfangen. Ich bekam einen Stempel in die Hand gedrückt und sollte Leute auf der Straße, am Strand und bei dem Schwimmbad überreden ins Reisebüro zu kommen. Mit dem Stempel auf der Hand konnten die Leute dann eine halbe Stunde im Reisebüro kostenlos ins Internet. Am ersten Tag sollte ich erst mal 2 Stunden Probe arbeiten. Wenn ich es schaffen würde mindestens 3 Leute in der Stunde ins Reisebüro zu locken würde ich für jede Stunde 10$ bekommen. Kommen keine Leute ins Reisebüro gibt’s auch kein Geld. Also machte ich mich auf den Weg. Jann wollte mir dabei gerne helfen. Da ich ja eher von ruhiger Natur bin war es bei den ersten paar Leuten noch ein wenig komisch sie einfach anzusprechen. Einige waren genervt und wollten auch einfach nur in Ruhe am Strand liegen. Aber letztendlich haben wir in einer Stunde jede Menge Stempel verteilt und ich hatte ein ganz gutes Gefühl. Da man ja nun mal nicht alle Leute doppelt ansprechen wollte sind Jann und ich zwischendurch mal einkaufen gegangen um die Zeit verstreichen zu lassen. 2 Stunden später kam ich ins Reisebüro zurück und war schon tierisch gespannt ob ich jemanden wirklich überreden konnte. Zu meinem Erstaunen war jeder Internetplatz besetzt. Ich hab dann meine 20$ auf die Hand bekommen und durfte am nächsten Tag wiederkommen und auch direkt 4-5 Stunden arbeiten. Dass das nicht so ganz das Wahre und das große Geld ist war mir auch bewusst. Aber es war interessant mal die Erfahrung gemacht zu haben. Es ist nur bei dem einen Probetag geblieben. Denn am gleichen Tag haben wir noch eine Zusage für einen anderen Job bekommen. Zitronen pflücken. Das Problem war bloß, dass die Farm wieder 11 Stunden Autofahrt südlich weit weg war. Und dabei wollten wir ja in den Norden. Wir überlegten lange und da die Konditionen wirklich gut waren entschlossen wir uns am nächsten Tag loszufahren. Wäre es einfacher in Australien einen Job zu finden hätten wir uns wahrscheinlich anders entschieden. Die Bauern verkaufen ihre Waren nicht da sie kaum Geld dafür bekommen ….Weltwirtschaftskrise.... und so werden auch nicht viele Erntehelfer gesucht. Für uns als Backpacker ist Erntearbeit aber die fast einzige Möglichkeit Geld zu verdienen. Das Land ist überfüllt von Backpackern aus England, Deutschland, Frankreich und Asien. Jeder gute Job ist sofort weg. Man muss der Erste und Beste sein. Man muss morgens der erste sein der die Zeitung kauft und die Stellenanzeigen durchtelefoniert. Dann muss man noch Glück haben dass der Arbeitgeber auch Backpacker einstellt. Die meisten Jobs werden als Kellner angeboten. Um irgendwo zu kellnern muss man wiederum einen kostenpflichtigen Kurs besuchen um ein Zertifikat zu erhalten. Nur mit diesem Zertifikat darf man in Australien in einem Cafe/Pub arbeiten wo Alkohol ausgeschenkt wird. Es ist also alles nicht so einfach. Laut Medien soll dieses Jahr das schwerste für Backpacker sein um Arbeit zu finden. Umso mehr haben wir uns gefreut als wir die Zusage fürs Zitronen pflücken bekommen haben. Wir sind also morgens voller Tatendrang aufgestanden und wollten die ersten Stunden Fahrt hinter uns bringen. Wir wollten gerade losfahren als wir noch eine Zusage für einen anderen Erntejob bekamen. Tomaten pflücken in Bowen. Nur 2 Stunden von Airliebeach entfernt und genau auf unserer ursprünglichen Route. Wir waren richtig glücklich denn nun hatten wir die freie Auswahl zwischen der Promotionarbeit, dem Zitronen und Tomatenpflücken. Bei der Promotionarbeit ist nie sicher wie viel und ob man wirklich Geld verdient (Außerdem nur für 1 Person). Die Zitronenfarm ist sehr weit weg und so entschieden wir uns endgültig für die Tomaten. Wir sind also 2 Stunden später bei der Adresse in Bowen angekommen die wir bekommen haben. Wir mussten dann feststellen, dass wir bei einem Working Hostel angekommen sind. Working Hostels gibt es in Australien mehrere und fast alle haben einen eher schlechten Ruf. Wir hatten vorher nur mal was darüber im Internet gelesen. Working Hostels sind normale Hotels nur mit dem Unterschied, dass sie in Kontakt zu den Farmen in der Umgebung stehen und so Arbeit vermitteln können. Was sich erst mal gut anhört stellt sich dann meistens aber als Abzocke heraus. Um auf der Farm arbeiten zu können ist die erste Vorraussetzung, dass man in dem Hostel schläft. Diese sind dann meistens überteuert und man muss immer im Vorraus für eine Woche/einen Monat bezahlen. Wenn man früher weg will gibt es kein Geld zurück. Wir trafen uns also ohne große Erwartungen mit dem Mann mit dem wir telefoniert haben. Er erklärte uns, dass ein Bauer viele Leute sucht die 10-12 Stunden am Tag Tomaten pflücken. Man könnte dabei so viel Geld verdienen, so um die 180$ pro Tag. Das Hostel in dem wir schlafen müssen kostet 130$ pro Person für eine Woche. Das Geld hätte man also an einem Tag wieder raus. Das klang doch ganz überzeugend und so bezahlten wir erst mal für eine Woche. Wir durften am nächsten Tag direkt mit der Arbeit beginnen. Was wir da noch nicht wussten (entweder hat er es uns nicht gesagt oder wir haben es halt einfach nicht auf englisch verstanden) das war, dass man morgens von einem Bus abgeholt wird der auch noch mal 60$ pro Person für eine Woche kostet. Selber zu der Farm mit Auto fahren darf man nicht. Na ja, wir hatten das Hostel nun schon bezahlt und wenn man jeden Tag 180$ verdienen würde hätten wir das Geld ja nach einen Tag Arbeit fast wieder raus. Man konnte 7 Tage die Woche arbeiten und das lohnt sich dann ja schon. Wir freuten und also, dass wir endlich was gefunden hatten und von dem Geld weiter reisen könnten ohne so sehr zu sparen. Wir hatten den Tag also noch Zeit uns für die Arbeit vorzubereiten und fuhren erst mal einkaufen. Kelloggs zum Frühstück, Brote und jede Menge Getränke für die Arbeit, Hut und Sonnencreme gegen die Hitze,.... In jedem Hostel gibt es eine gemeinsame Küche wo alle ihr Essen in Kühlschränken und Regalen mit Namen beschriftet lagern können. Wir verstauten also unser Essen und gingen auf unser Zimmer. Wir haben ein5 Bett Zimmer bekommen. Wir teilen uns den Raum mit 2 Südkoreanern und einem Australier. Dieser erzählte uns auch sofort er hätte auch schon mal Tomaten gepflückt und das ist eine richtig schwere und harte Arbeit. Man steht 10 Stunden in der Hitze gebückt auf dem Feld und Pausen gibt es auch nur 2 kurze. Uns war das egal. Wir waren einfach nur froh nun endlich Geld zu verdienen. Am Abend haben wir noch 2 Mädchen kennen gelernt die auch Tomaten gepflückt haben und uns ebenso erzählten dass das so anstrengend ist. Die beiden haben es nur 3 Tage durchgehalten. Aber trotzdem wollten wir es wenigstens versuchen. Da wir schon um 6 Uhr morgens anfangen mussten sind wir ziemlich früh ins Bett gegangen. Was wir leider vorher mal wieder nicht wussten, war dass unter dem Hostel eine Disco ist und jeden Abend in voller Lautstärke gefeiert wird. Schlaf bekamen wir die Nacht also nicht grad viel. Unser Wecker klingelte um 5 Uhr und müde gingen wir in die Küche um unsere Brote für den Tag zu schmieren. Wir durften feststellen, dass jemand uns unser ganzes Essen aus dem Regal geklaut hatte. Wir hatten also weder ein Frühstück noch irgendwas was wir auf der Arbeit essen konnten. Und vorher noch schnell einkaufen ging nicht. Zum Bus hatten wir nur noch ca. 15 Minuten und wir hätten es nicht geschafft. Ohne Essen bis Abends um 6 Uhr oder so war für den ersten Arbeitstag für uns keine Option. Uns blieb nichts anderes übrig als uns wieder ins Bett zu legen. Selber mit dem Auto zu der Farm fahren darf man ja nicht. Also konnten wir erst am nächsten Tag mit der Arbeit loslegen. Mit anderen Leuten saßen wir im Bus (90% Koreaner) und fuhren ca. 25 Minuten zur Farm. Von dort aus ging es mit ein paar Pick Up´s zu den Feldern. Das war schon ein cooles Gefühl mit einem Sonnenhut auf dem Kopf auf der Ladefläche des Autos zu den australischen Feldern zu fahren. Die Farmerin erklärte uns wie der Tag ablaufen würde. Wir wurden in Gruppen aufgeteilt. Anfänger, Profis und die Leute dazwischen. In unserer Anfängergruppe waren 13 Leute. Jeder bekam einen Eimer den er mit grün-roten Tomaten füllen sollte und eine Reihe auf dem Feld. Rote, kleine, matschige oder nicht schöne Tomaten sollten wir pflücken und auf den Boden werfen. Bezahlt wurden wir aber nur für die Tomaten die hinterher wirklich im Eimer landen. (ca. jede zweite Tomate war nur gut) Neben uns fuhr immer ein Mitarbeiter der Farm mit dem Pick up nebenher. Er war dafür zuständig die vollen Eimer in die „Bins“ zu füllen und unsere Arbeit zu kontrollieren. Als ich nur die guten Tomaten gepflückt habe und den Rest hängen lassen habe, da man dafür ja nicht bezahlt wird, musste ich meine Reihe nochmal machen. Die Bezahlung sieht folgendermaßen aus: Für ein vollen „Bin“ - das ist ein ca. 100 Liter Behälter- bekommt man 80$. Aber nicht pro Person sondern pro Gruppe. Also geteilt durch 13. Wir hatten ja noch keine Erfahrungen und wussten nicht wie viele Bins man am Tag so schafft. Wir pflückten und pflückten also fleißig. Als die Mittagssonne raus kam war es schon echt hart. Wir waren gut eingecremt und Jann hatte lange Ärmel an. Ich hatte mir die kürzeste Hose rausgesucht, ein bequemes Oberteil und Turnschuhe. Zum Schluss hab ich aber wie viele andere auch barfuß gearbeitet. Trotzdem war es schon nach ein paar Stunden kaum auszuhalten. Ich musste auf Toilette, hatte Durst, keine Kraft mehr und wollte endlich eine Pause machen. Gegen Mittag hatten wir dann auch unsere erste 20 Minuten Pause. Gerade so Zeit seine ersten Brote zu essen, eine zu rauchen und was zu trinken. Ich fragte unseren Aufpasser wo ich den auf Toilette könnte und bekam die Antwort die ich schon geahnt hatte:“ Na hier im Feld“ Die nächste Toilette war sehr weit weg. Ich konnte mich aber nicht überwinden neben die anderen Leute ins Feld zu pinkeln. Also bekam ich meine Extrawurst und wurde schnell zur Toilette gefahren. Dann fiel mir ein, dass ich ja die ganze Zeit barfuss durchs Feld laufe..... :-(

Die restliche Zeit hab ich dann echt nur mit aller Kraft hin bekommen. Mir tat echt alles weh. Auf meinem Rücken bildete sich so langsam trotz der Creme ein Sonnenbrand und mir war schon richtig schlecht. Auf dem Heimweg unterhielten wir uns mit den anderen Leuten und mehrere Frauen und auch ein paar Männer sagten dass war ihr erster und letzter Tag. Es gab aber auch Leute die schon seit 2 Monaten dabei sind und sich bereits an die Arbeit gewöhnt haben. Ein Mädchen erzählte mir sie wäre in einem anderen Working Hostel. Sie musste für einen Monat im Vorraus bezahlen und zusätzlich 200$ hinterlegen die sie nur zurück bekam wenn sie den ganzen Monat durch arbeiten würde. Ich habe keine Ahnung wie viele Bins wir an diesem Tag geschafft haben. Ich schätze es waren so 12 Stück. Geteilt durch die 13 Leute gibt ein Verdienst von 73$ pro Person für einen Tag. Das sind ca. 43Euro für 11 Stunden die wir gearbeitet haben. Die 180$ pro Tag die uns angepriesen wurden schaffen gerade mal so die Profis an guten Tagen. Genaueres werde ich morgen sehen wenn uns das Geld überwiesen wird aber das passt schon so ungefähr.

Abends sind wir auch totmüde ins Bett gefallen. Am nächsten Tag hatten wir schrecklichen Muskelkater und Rückenschmerzen. Bei Jann ging es eigentlich noch so. Aber ich war richtig fertig, konnte keine Treppen mehr steigen und so. War schon irgendwie richtig lustig letztendlich. Wir haben sehr lange über alles nachgedacht immer wieder gerechnet und uns mit anderen ausgetauscht bis wir beschlossen haben, dass wir nicht mehr als den einen Tag arbeiten würden.

Wir würden pro Woche mit einem Plus von ungefähr 100 Euro rausgehen wenn wir 7 Tage lang 12 Stunden arbeiten würden. Das wär ja schlimmer als ein 1 Euro Job. Bis wir in die Gruppe der Profis kommen würden würde mit Sicherheit 1 Monat vergehen und es lohnt sich einfach alles nicht. Da wir unser Hostel ja nun bis morgen noch bezahlt haben nutzen wir die Nachmittage mit der Suche nach neuen Jobs für uns, Filme gucken und Catan auf dem PC zu spielen. Der Ort Bowen ist nämlich nur ein kleines Dorf und bis auf ein Kino gibt es hier nicht viel. Im Kino haben wir schon den Film „Up“ auf englisch gesehen. Absolut toller Film. Kann ich nur weiter empfehlen. In Deutschland heißt der Film „oben“ ;-) Der Strand ist leider gesperrt und eine große Baustelle. Aber von Sonne haben wir auch genug. Manchmal ist es so heiß :-) Und da mein Bericht auch so lang geworden ist merkt man ja, dass wir nicht so viel zu tun haben. Morgen geht es endlich weiter.

http://www.spiegel.de/reise/fernweh/0,1518,645685,00.html

 

So schlimm, dass wir strippen müssen ist es noch nicht ;-)